Zwischen Desinformation und Opferrolle- zu den Aggressionen Armeniens gegen Aserbaidschan in Bergkarabach
16. июля 2020 0 Автор F. MasimovaMatthias Wolf
Sprachwissenschaftler und Lehrer (Potsdam)
Es ist ein altbekannter Grundsatz christlicher Ethik, dass Gewaltlosigkeit in vielen Konfliktsituationen ein besserer Ansatz ist als das militärische Mittel. Nicht selten wird in solchen Fällen auch der in der Bibel häufig genannte Begriff der «Feindesliebe» mit angesprochen. Dieser verweist nicht etwa auf eine bedingungslose Aufgabe gegenüber dem militärischen oder politischen Gegner, sondern bezieht sich eher auf die Prämisse, dass auch dieser, obgleich dem anderen feindlich gesinnt, ein Mensch ist und damit einen entsprechenden Grundrespekt verdient. Dieser Grundsatz wird heutzutage, gerade im Bezug auf politische Debatten, meist eingehalten. Der Gegner wird zwar verbal attackiert, aber nicht in seiner Menschenwürde herabgesetzt. Geschieht dies in einer Affektsituation, ist eine Entschuldigung oft die beste Lösung. Schwieriger wird es allerdings, wenn offiziell geschlossene Vereinbarungen nicht eingehalten oder das eigene politische Ziel gar mit Waffengewalt erzwungen wird.
In diesem Zusammenhang erhebt sich die Frage, wie ein ur-christliches Land wie Armenien, das nur allzu oft auf seine christlichen Wurzeln hinweist, gegenüber seinem Nachbarland Aserbaidschan eine Politik betreiben kann, in der Waffengewalt offenbar zu einer neuen Standardlösung geworden ist. Die jüngsten Ereignisse in Bergkarabach, bei denen mehrere junge aserbaidschanische Soldaten starben oder schwer verletzt wurden, belegen dies. Nicht genug, dass sich die armenische Politik bisher hierzu nicht einmal ein Wort des Bedauerns abringen konnte, die Öffentlichkeit der anderen europäischen Länder wird dazu noch seit Jahren regelmäßig zu diesem Konflikt desinformiert. Speziell in Deutschland versucht die Politik den Eindruck zu erwecken, eine befriedigende Lösung für beide Seiten finden zu wollen. Hierbei erscheint aber gerade die Zusammenarbeit mit Aserbaidschan, dessen territoriale Interessen eindeutig vom Völkerrecht gestützt werden, allenfalls halbherzig. Zu den Schwierigkeiten auf politischer Ebene addieren sich auch die Folgen medialer Kampagnen, in denen der Präsident Aserbaidschans in diversen Internetartikeln als «Irrer aus Baku» bezeichnet wurde.
Was eine solche Medienarbeit mit «westlichen Werten» zu tun haben soll, erschließt sich dem geneigten Betrachter nur, wenn dieser mediale Informationen nicht kritisch hinterfragt. Wer aber verschiedene Meinungen einholt, wird irgendwann auf den Verweis stoßen, dass das Völkerrecht Aserbaidschan recht gibt und seit 1991 vier Un-Resolutionen den Verbleib Karabachs bei Aserbaidschan bestätigt haben.
Spätestens an dieser Stelle muss dem aufmerksamen Betrachter klar werden, dass Solidarität auch immer eine gewisse Distanz erfordert.
Letztere garantiert eine Möglichkeit zum objektiven Informationsgewinn. Insofern gibt es im Bereich der Medien und der zivilen Aufklärungsarbeit noch eine Menge zu tun. Denn sicher ist auch: Das Verhalten Armeniens erscheint alles andere als «christlich» oder «human». Im Gegenteil weisen die wiederholten bewaffneten Angriffe eher Armenien als den eigentlichen Aggressor aus.
Bergkarabach – der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan. Religiös motiviert?
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