Museum der Bergjuden in Aserbaidschan — Guba
5. июля 2021 0 Автор F. MasimovaIm Bezirk Guba in Aserbaidschan, in der sog. Roten Siedlung (az. Qırmızı Qəsəbə, russ. Krasnaja Sloboda), wurde 2020 das Museum der Bergjuden eröffnet. Damit ist es bislang das einzige seiner Art weltweit. Bei den Bergjuden handelt es sich im Prinzip um die Nachfahren des jüdischen Volkes, das vor Hunderten Jahren aus Persien in die Kaukasusberge einwanderte. Das Museum zur Konservierung des aserbaidschanischen Bergjudentums stellt ein recht junges Projekt dar, das aber bereits an Popularität gewonnen hat und für viele Menschen von Interesse ist: nicht nur für Touristen aus Israel, sondern auch für Reisende, die sich allgemein für Geschichte begeistern können.
Der Ort für die Errichtung des Museums wurde dabei nicht zufällig gewählt. Die Rote Siedlung ist ein einzigartiger Ort, der am nördlichen Ufer des Flusses Gudialchai, gegenüber der Stadt Guba, liegt. Er hebt sich durch den unverwechselbaren architektonischen Stil von anderen Regionen ab, was u. a. auch die außergewöhnliche Namensgebung bezeugen kann. Es wird angenommen, dass die Krasnaja Sloboda heute die einzige authentische jüdische Siedlung außerhalb der USA und Israels ist. Die Bewohner der Siedlung sind Bergjuden, deren Vorfahren schon seit Jahrhunderten in der Region Guba in Aserbaidschan leben. Das Dorf wurde in der Mitte des 18. Jahrhunderts gegründet und blühte unter der Schirmherrschaft des Guba Khans auf, wobei es schnell zu einer geschlossenen monoethnischen jüdischen Gemeinde mit eigenen Grundlagen und Bräuchen wurde. In den folgenden Jahrhunderten wurde auf die Rote Siedlung von vielen Seiten und Mächten eingewirkt, aber den Bewohnern gelang es dennoch, ihre Traditionen und Kultur sowie die bergjüdische Sprache, das Dschuhuri, zu bewahren. Vor relativ kurzer Zeit wurde dann beschlossen, die Geschichte der Bergjuden auch für die Nachwelt zu erhalten und sie mithilfe einer entsprechenden Museumsexposition darzustellen.
Das Projekt wurde auf Initiative einer Spende lokaler Bergjuden, u. a. God Nisanov, Herman Zakharyaev und Zarakh Iliev, entwickelt und anschließend realisiert.
Schnell fiel der Entschluss, das Museum im Gebäude der Kartschoga, einer historischen sechskuppeligen Synagoge, unterzubringen. In der Blütezeit der Sowjetunion diente es noch als Lagerhaus für landwirtschaftliche Produkte, da Religion verboten war. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR wurde das Gebäude dann vollständig geräumt, sodass es lange Zeit leer stand und allmählich zerfiel. Die Einrichtung eines Museums an dieser Stelle löste also gleich zwei Probleme: Zum einen ergab sich die Möglichkeit, das Gebetshaus zu restaurieren, zum anderen wurde schnell ein geeigneter Platz für das Museum gefunden.
Die Experten waren sich einig, das Synagogengebäude in seiner ursprünglichen Form zu restaurieren – laut Pesach Isakov wurden für die Instandsetzung exakt die Materialien verwendet, die die Verantwortlichen auch beim damaligen Bau der Synagoge im 19./20. Jahrhundert verwendeten. Das Hauptexponat des jüdischen Museums stellt demnach das alte Synagogengebäude selbst dar. Jetzt kann jeder Besucher mit eigenen Augen nachvollziehen, wie das Gotteshaus früher aussah: Den Initiatoren des Museums ist es tatsächlich gelungen, das damalige Aussehen des Gebäudes zu erhalten, einschließlich der Lage der Kuppel, des Daches und der Fenster. Außerdem enthält die Ausstellung verschiedenste Exponate, die in irgendeiner Weise die Geschichte der Bergjuden widerspiegeln: Dokumente, Haushaltsgegenstände, Artefakte, Kleidung sowie Zeugnisse über Rituale, die von den Bräuchen der Bergjuden erzählen können.
Die technische Voreröffnung des Museums, das den offiziellen Namen Museum der Geschichte und Kultur der Bergjuden trägt, fand am 3. Februar 2020 statt.
Eine wesentliche Hilfe bei der Erstellung der Museumsexposition leisteten die Einwohner der Stadt. Die gemeinnützige bergjüdische Stiftung «STMEGI«, die verantwortlich für den Umfang der Ausstellung und die Ausschmückung des Museums der Geschichte und Kultur der Bergjuden ist, wandte sich mit der Bitte an die Einwohner des Ortes, dem Museum all die Zeugnisse des Bergjudentums zu bringen, die in ihren Familien aufbewahrt wurden und die die Museumssammlung bereichern könnten. Ziel sollte es sein, alles zu sammeln, was die Vergangenheit und Zukunft der hiesigen Bergjuden betraf, um das Interesse der Besucher an dieser ethnischen Gruppe zu wecken. Der Museumsdirektor Igor Shaulov fasst es treffend zusammen: „[Das Museum] spiegelt den Austausch und den gegenseitigen Respekt zwischen dem jüdischen und dem aserbaidschanischen Volk wider.“[1] Es wurde am Ende eine in ihrem Umfang wirklich einzigartige Sammlung von Museumsexponaten organisiert – nicht nur auf dem Gebiet des Kaukasus, es wurden ebenfalls Exponate aus anderen Ländern und Regionen zusammengetragen, die fortan die Ausstellung bereichern würden.
Neben dem Museum selbst wurden auch andere Räume im Gebäude der Synagoge aufbereitet. So wurde beschlossen, das Kellergeschoss künftig als Konferenzraum zu nutzen, wobei auch Plätze für einen Reserve-Museumsfonds und eine kleine Bibliothek vorgesehen waren.
Das Synagogengebäude hat an sich eine quadratische Form und die Höhe der Decken beträgt fünf Meter. Um dort möglichst viele Exponate unterzubringen, wurden zwei Etagen gebaut – die Deckenhöhe ließ dies problemlos zu. Zum aktuellen Zeitpunkt umfasst die Museumsexposition bergjüdische Kleidung und Dekorationen, Manuskripte und Bücher, rituelle Utensilien, alte Haushaltsgegenstände, dazu religiöse jüdische sowie juristische Literatur. Großes Augenmerk wurde bei der Organisation auf die Multimedia-Komponente gelegt, die dem Museum zu einem Hightech-Look verhalf und es für Touristen besonders attraktiv machte. Für die Zukunft ist geplant, hier die größte Bücherei in Juuri zu eröffnen und letztlich ein Zentrum für das Studium der Kultur, der Traditionen und der Geschichte der Bergjuden zu schaffen.
Viele Experten glauben, dass die Eröffnung des Museums sogar das wirtschaftliche Wachstum der Region in Zukunft fördern wird. So ist der promovierte Politikwissenschaftler Moses Becker fest überzeugt, dass der Zustrom ausländischer Touristen in die Region zunehmen wird. Er ist der Meinung, dass vor allem Besucher aus Israel Aserbaidschan nun häufiger ansteuern werden. Die Museumsgründer haben nicht vor, ihr Projekt im Sande verlaufen zu lassen. Ganz im Gegenteil: Der weitere Ausbau ist fest eingeplant. Derzeit entwickeln sie sogar bereits aktiv Routen zu weiteren jüdischen Orten in Aserbaidschan. Damit soll ein Netzwerk zur Bewahrung bergjüdischer Gemeinden geschaffen werden. Es wird also alles getan, damit beispielsweise Touristen aus Israel mit vielen positiven Eindrücken und Emotionen nach Hause zurückkehren können, sodass die Heimkehrer ihren Freunden und Bekannten gern den Weg nach Aserbaidschan weiterempfehlen – aus der Überzeugung heraus, dass die bergjüdische Gemeinschaft dort anerkannt, respektiert und für folgende Generationen bewahrt wird.
[1] Shaulov, Igor (2020) in: Einmalig auf der Welt: das Museum der Bergjuden in Aserbaidschan, URL: https://de.euronews.com/2021/02/25/einmalig-auf-der-welt-das-museum-der-bergjuden-in-aserbaidschan, [05. Juli 2021].
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